Sprecher zu sein ist das Schönste der Welt – und leider ziemlich unsicher. Aber auch wenn der Konkurrenzdruck recht hart ist, freut es mich besonders, dass viele junge Leute Profisprecher werden wollen. Fast täglich bekomme ich Mails mit einer großen Frage: „Wie werde ich eigentlich Sprecher?“ – hier finden Sie einen Fünf-Punkte-Plan für den Start in diesen schönen Beruf.

Schritt 1: lernen Sie was Anständiges

Das erste, was Sie über den Beruf als Sprecher, respektive Synchronsprecher, lernen müssen ist, dass Sie sich hier für einen völlig übersättigten Berufszweig entschieden haben. Ihre Perspektiven, einen berühmten Hollywoodstar zu sprechen – oder mit Hörbüchern Millionen zu verdienen, sind äußerst gering. Verabschieden Sie sich von der Vorstellung eines luxuriösen Lebens in Saus und Braus – die meisten meiner Profi-Kollegen wären völlig aufgeschmissen, wenn Sie nur Ihre Stimme hätten, aus der sie Kapital schlagen müssten. Fast alle haben noch eine zusätzliche Einkommensquelle – und oft gilt: sie haben eine eigentliche Einkommensquelle. Wenn Sie sich also für den Beruf als Sprecher entscheiden, so sorgen Sie als erstes für eine Perspektive in einem anderen Beruf. Eine kaufmännische Ausbildung halte ich hier für sehr sinnvoll. Denn sie müssen wissen, dass ein Sprecher in aller Regel selbstständig arbeitet – Kenntnisse in Buchhaltung, Marketing und Akquise wären hier ganz sicher ein Riesenvorteil.

Schritt 2: sammeln Sie Erfahrungen mit Ihrer Stimme

Es gibt sehr viele Möglichkeiten, sich als Sprecher auszuprobieren – ohne dafür Geld bezahlen zu müssen oder viel Zeit in eine Ausbildung zu investieren.  In jeder Stadt gibt es zum Beispiel freie Radiogruppen. Seien es Bürgerfunk-Gruppen in NRW – oder auch offene Kanäle. Es gibt Uniradios – und in jeder Stadt dürfte es ein paar Jugendliche geben, die sich mit Internetradio die Zeit vertreiben. Wenn Sie als Sprecher eher eine schauspielerische Richtung einschlagen wollen, so engagieren Sie sich in einer Vielzahl der freien Theatergruppen. Sollten sie eher im Geheimen arbeiten wollen, so machen sie das, was ich auch am Anfang gemacht habe. Nehmen sie sich ein Buch – und lesen Sie es laut. Am besten nehmen Sie das auf. Noch besser – die Luxusvariante: ein professionelles Sprechtraining bei einem Sprecher-Coach. Reinhard Pede ist einer der besten Sprechtrainer in Deutschland. Gehen Sie zu dem.

Schritt 3: machen Sie eine Ausbildung beim Privat-Radio

Es gibt Sprecher-Kollegen, die würden Ihnen jetzt empfehlen, doch eine Schauspielausbildung zu machen. Und auch sämtliche Artikel, die ich bisher zum Sprecher-Beruf gelesen habe, gehen in die selbe Richtung. Ich sage: eine Ausbildung beim Radio ist das beste was Ihnen passieren kann. Ich gehe noch einen Schritt weiter und sage: machen Sie eine Ausbildung bei einem privaten Radiosender. Den Begriff „Ausbildung“ muss ich hier etwas konkretisieren – ich meine damit ein Volontariat, eine Ausbildung zum Redakteur. Sie dauert 18 bis 24 Monate – und ist eigentlich ein ausgedehntes Praktikum. Denn eine Berufsschule oder ähnliches gibt es in einem Volontariat nicht. Gerade bei einer Ausbildung im Privatfunk lernen Sie direkt am Mikrophon. Sie lernen grundsätzliche journalistische Darstellungsformen kennen, sie lernen, wie man für das Hören schreibt und sie lernen grundsätzliches zum Thema Audioproduktion. Und: sie lernen mit ihrer Stimme umzugehen. Bei Privatsendern spielen Bereiche, wie „Promotion“ und „Marketing“ ebenfalls eine große Rolle – das ist wichtig. Denn was sie da lernen, kann Ihnen bei ihrer späteren Selbstständigkeit als Sprecher nur helfen. Die Chancen auf ein Volontariat beim Privatradio stehen derzeit gar nicht mal so schlecht – erst kürzlich hat der Deutsche Journalistenverband festgestellt, dass immer weniger junge Leute ein Volontariat haben wollen. Also: versuchen sie´s!

Schritt 4: vermarkten Sie sich

Glückwunsch. Sie haben die ersten drei Schritte überlebt. Sie haben eine kaufmännische Ausbildung hinter sich, sie haben in offenen Kanälen und Theatergruppen mit Ihrer Stimme experimentiert und sie haben ein Volontariat beim Radio genossen, das heißt: sie können produzieren, für das Hören schreiben und wissen nun, wie eine MA-Promotion funktioniert. Das ist toll – die Welt liegt Ihnen nun zu Füßen. Die Frage ist: weiß die Welt das!? Meine Erfahrung hat mir gelehrt, dass die erfolgreichsten Profi-Sprecher nicht die besten Sprecher sind. Aber: sie sind die besten Vermarkter. Also tun sie Gutes und erzählen sie darüber. Wie das geht haben Sie in Schritt 3 beim Privatradio gelernt. Bauen Sie sich eine funktionale Website mit eigens dafür produzierten Sprecherdemos. Wie Ihre Stimme am besten klingt, wissen sie ja schon – denn sie haben ihr Talent gedreht und gewendet – sie haben Stunden an Feedback hinter sich und haben natürlich auch beobachtet, was andere Sprecher so treiben. Seien sie nicht bescheiden – sie haben nach den mindestens fünf Jahren Berufserfahrung einiges gelernt und gemacht. Aber: vielleicht haben Sie in den letzten Jahren auch festgestellt, dass NUR Profisprecher zu sein, Sie gar nicht erfüllt. Vielleicht haben Sie gelernt, dass Sie viel besser produzieren können, als sprechen. Das ist nicht schlimm – dann machen Sie das. Hauptsache, die Welt erfährt davon.

Schritt 5: hören sie niemals auf zu lernen

Das schlimmste was Ihnen jetzt noch passieren kann, ist die Erkenntnis nichts mehr dazulernen zu können. Denn – glauben Sie mir – dieser Zustand wird niemals eintreten. Gut, wenn sie Milliarden verdient haben, dann dürfen Sie sich diese Diva-Attitüde leisten – aber vorher bitte nicht. Denn der Sprecher-Beruf – ich fass es mal weiter – der Medienberuf ist technischen und modischen Trends unterworfen, wie kein anderer Bereich. Beispiel: vor zwanzig Jahren war es zum Beispiel äußerst selten, dass ein Sprecher seine eigenen Aufnahmemöglichkeiten hatte. Mittlerweile sieht das anders aus. Will man in Zukunft als Sprecher bestehen, muss man sich da was überlegen. Eine Herausforderung wird auch sein, dass von einem Sprecher immer mehr erwartet wird – Kenntnisse in Produktion, Texterqualitäten und vieles mehr. Aber dafür sind Sie ja jetzt als ausgebildeter Hörfunkredakteur ausgerüstet.